Gerne werden im ersten Quartal eines jeden Jahres Spekulationen und Prognosen über den weiteren Verlauf gemacht. Wir leben jedoch in einem digitalen Zeitalter, in dem frühere Vorhersagen online noch weiterhin verfügbar sind. Dadurch ist es für Finanzmarkt- und Medienexperten schwerer, ihre Verlegenheit zu verbergen, wenn sich ihre Finanzprognosen als falsch herausstellen. Es gibt jedoch Möglichkeiten, dies zu vermeiden.

Die Blamage, die mit gewagten Vorhersagen einhergeht, wurde in einem kürzlich erschienenen Zeitungsartikel verdeutlicht, in dem viele Aussagen von US-Ökonomen über das Jahr 2015 aufgeführt wurden, die sich schlussendlich als falsch herausstellten. Diese umfassten unter anderem falsche Prognosen über den Zeitpunkt, an dem die US-Notenbank den Zinssatz anheben würde, falsche Vorhersagen über einen Anstieg der langfristigen Anleiherenditen sowie die fälschliche Annahme, dass ein Ende der Flaute bei Rohstoffen erwartet werden kann.

Für den gesamten US-Aktienmarkt erwarteten 22 vom Wall Street Journal befragte Strategen einen durchschnittlichen Anstieg des S&P 500 von 8,2% im Jahr 2015. Die optimistischste Vorhersage kündigte einen Anstieg von 14% an, die pessimistischste Einschätzung ging von einem Plus von lediglich 2% aus. Niemand setzte auf einen Rückgang. Wie sich herausstellte, beendete der Vergleichsindex das Jahr jedoch geringfügig schlechter.

Im Großbritannien prognostizierten 49 Fondsmanager, Händler und Strategen in einer Anfang Januar 2015 veröffentlichten Umfrage, dass der FTSE 100 Index Mitte des Jahres bei 6.800 und Ende des Jahres bei 7.000 Punkten stehen würde. Tatsächlich übertraf der FTSE das Jahresendziel jedoch bereits Ende April und erreichte ein Rekordstand von 7.103 Punkten, bevor er zum Jahresende wieder auf 6.242 Punkte zurückfiel.

Australische Ökonomen lieferten nicht kaum bessere Vorhersagen ab. In einer im Januar 2015 durchgeführten Umfrage von Fairfax Media war man einstimmig der Meinung, dass der lokale offizielle Zinssatz das ganze Jahr über unverändert bleiben würde. Doch bereits einen Monat später strafte die australische Zentralbank diese Prognose Lügen, bevor sie im Mai die Zinsen ein weiteres Mal senkte.

Es dürfte daher wenig überraschen, dass es für Aktienanalysten schwierig sein muss, Gewinner auszuwählen, wenn es Ökonomen bereits nicht gelingt, die allgemeinen Wirtschaftsvariablen richtig einzuschätzen. Selbst eine Aktie wie Apple, die viele Jahre lang für positive Überraschungen sorgte, enttäuschte einige Prognostiker im vergangenen Jahr mit einem Rückgang von 4,6%.

Ein australisches Medienhaus veröffentlichte vor einem Jahr eine Reihe von „bevorzugten Aktien“ für 2015, die Unternehmen wie Woodside Petroleum, BHP Billiton, Origin Energy und Slater & Gordon enthielt, welche alle im vergangenen Jahr Verluste im zweistelligen Bereich erlitten.

Es dürfte inzwischen offensichtlich sein, dass Investmententscheidungen auf Basis von Vorhersagen Einzelner über „Top-Aktien“ oder Erwartungen zu Zinssatz-, Wirtschafts- oder Währungsentwicklungen keine zuverlässige Methode sind, um langfristig Vermögen aufzubauen. Die Finanzmärkte haben ihre ganz eigene Art, Erwartungen zu vereiteln. Die bessere Alternative ist es daher, breit zu diversifizieren und mit Hilfe eines Finanzberaters eine Vermögensallokation vorzunehmen, die Ihrer persönlichen Risikobereitschaft, Ihren Zielen und Ihrer finanziellen Situation entspricht.

Dies soll natürlich weder Sie noch andere davon abhalten, eine Meinung über die Zukunft zu haben oder auch zu äußern. Es steht uns allen frei, über künftige Entwicklungen der Wirtschaft und der Finanzmärkte zu spekulieren. Eine Gefahr besteht nur dann, wenn Sie Ihre Anlagestrategie auf eine derartige Meinung stützen.

Wenn Sie dennoch großen Wert auf Prognosen legen, bietet Ihnen die folgende Liste zehn Vorhersagen, die sich 2016 garantiert erfüllen werden:

  1. Die Finanzmärkte werden manchmal steigen und manchmal fallen.
  2. Es wird unerwartete Neuigkeiten geben. Einige davon werden Preisschwankungen verursachen.
  3. Unzählige Zeitungsartikel werden sich dem voraussichtlichen Verlauf der Zinssätze widmen.
  4. Tausende weiterer Artikel werden über das Wirtschaftswachstum Chinas spekulieren.
  5. Selbst ernannte TV-Branchenexperten werden regelmäßig und lautstark über die kurzfristigen Marktentwicklungen diskutieren.
  6. Einige Volkswirtschaften werden sich gut entwickeln, andere schlechter. Dies wird sich von Jahr zu Jahr verändern.
  7. Einige Unternehmen werden florieren. Andere werden ins Schwanken kommen. Dies wird sich von Jahr zu Jahr verändern.
  8. Teile Ihres Portfolios werden sich besser entwickeln als andere. Wir wissen jedoch nicht, welche.
  9. Ein neues Buch wird behaupten, dass die alten Regeln nicht mehr gelten und dass sich alles geändert hat.
  10. Ein weiteres neues Buch wird sagen, dass sich nichts wirklich geändert hat und dass die alten Regeln immer noch gelten.

Sie können anhand dieser Liste sehen, dass es besser ist, Prognosen so allgemein wie möglich zu halten, da es fast unmöglich ist, korrekte Vorhersagen zu treffen. Ähnlich zu einer Wetterprognose, die Wind, Hagel, Hitze und Kälte für ein und denselben Tag vorhersagt, wird Ihr Publikum für alle Eventualitäten gerüstet sein.

Die Zukunft ist immer ungewiss. Es wird immer unerwartete Ereignisse geben. Einige werden schlechter ausfallen als erwartet, andere besser. Der einzig nachhaltige Ansatz in Bezug auf diese Ungewissheit besteht darin, sich auf jene Dinge zu konzentrieren, die Sie kontrollieren können.

Ich wünsche Ihnen weiterhin alles Gute für das laufende Jahr 2016.

Haben Sie Fragen dazu oder wollen eine zweite Meinung zu Ihren Investmentanlagen, dann sprechen Sie mich einfach unter 08092-8630646 an oder mailen mir, christoph.freitag@financial-planning.de.